Märchenhafte Gaumenfreuden im Waldhotel Wiesemann

Märchenhafte Gaumenfreuden im Waldhotel Wiesemann

Montag, 10.09.2012
Dieses Testessen kann ich auch gut mit "Es war einmal..." beginnen. Ich komme aus dieser Gegend, aus Nordhessen. Und ich war auch schon mal am Edersee, mehr als einmal. Aber das ist ewig lange her, so lang, dass ich schon nicht mehr sagen kann, ob es 20 oder 30 Jahre sind. Gestern spät Nachmittags also dann auf zum Waldhtel Wiesemann. Das Wetter konnte nicht besser sein, Sonne und blauer Himmel. So empfing uns der Stausee also mit seiner besten Seite. Glitzernd lag er da in der Abendsonne, von der Hotelterrasse hatten wir einen tollen Blick bis hinüber zur Staumauer.

Blick auf den Edersee

Dort, auf der Terrasse, wurden wir von der Inhaberin Michaela Wiesemann-Siebert mit einem kleinen Überblick zur Geschichte des Familienbetriebs empfangen. Dazu gab es wahlweise einen alkoholfreien "Apple' ritif". Leicht rosa und feines prickeln im Glas. Wird aus Äpfeln hergestellt, ist eine fein-fruchtige Alternative zum Prosecco und dürfte z.B. auch Kindern und Jugendlichen bei solchen Gelegenheiten Spaß machen. Oder man konnte sich für die deutsche Antwort auf Prosecco entscheiden. Der "Moritz" kommt vom Weingut Axel Schmitt, eine Cuvee aus Bacchus, Müller-Thurgau und Scheurebe. Biowein, zertifiziert. Wer ihn probierte, beschrieb ihn als echte Alternative zu einem guten Prosecco.

Service-Prinzessinnen
Es ist eingedeckt...


Das Märchenmenü stand unter dem Motto "Der Froschkönig". Davon später mehr. Die Speisenfolge lies auf alle Fälle Gutes ahnen, und deshalb kommt die hier erst mal vorne weg:
:: Wildkräutersalat mit Risotto-Krapfen und Apfelvinaigrette
:: Schaumsuppe von der Brunnenkresse mit Brot-Chip
:: Seelachs im Kartoffelmantel auf Lauchgemüse mit Safranschaum
:: Basilikum-Limonen-Sorbet
:: Glasierte Perlhuhnbrust auf Pfifferlings-Risotto mit Thymian-Honig-Jus
:: Waldmeistermousse mit grünem Apfelgelee auf Holunderspiegel


Getränke:
Bis zum Sorbet lautete die Empfehlung: 2011er Riesling trocken vom Weingut Hechtmann (Ilbesheim, Pfalz). Der war die Empfehlung wert, entpuppte sich als knackiger Riesling mit spritziger Säure und einer angenehmen Fruchtnote. Und hatte genügend Kraft, um auch dem kräftigen Kartoffelmantel standzuhalten.
Danach gab es einen 2010 St. Laurant Rosé, auch Biowein vom Weingut Wittmann-Westhofen in Rheinhessen. Der zeigte sich als recht kraftvoller Rosé mit einer klaren Frucht (Spätburgunder und St. Laurent), einer harmonischen Säure und ganz am Ende mit feiner mineralischen Würze. Kurz: sowohl zum Perlhuhn als auch zum Dessert hat mir dieser Rosé gut gefallen.

Das gesamte Menü wurde vom Märchen vom Froschkönig und dem eisernen Heinrich begleitet. Die beiden Damen vom Service waren entsprechend märchenhaft gekleidet und trugen das Grimm Märchen mit sichtlicher Freude vor. Spannend fand ich dabei, dass wir als Gäste einbezogen waren. Wir durften alle zu Beginn Feenstäbe ziehen, die alle einen kleinen Ausschnitt aus dem Märchentext enthielten. Und den sollte jede/r an der richtigen Stelle zum Einsatz bringen. Damit waren wir auch als Testesser mitten im Märchen.
Frosch im Glas

Froschkönigin

Märchenstäbe

Froschkönige


Nach dem Ausflug in die Getränke- und Märchenwelt aber zum Kern des Abends. Hier also meine Eindrücke von den einzelnen Speisen und ihrer Präsentation.

:: Wildkräutersalat mit Risotto-Krapfen und Apfelvinaigrette
Optisch kam dieser Auftakt sehr fein daher. Klar, fein und nach den einzelnen Bestandteilen getrennt angerichtet kam der erste Gang auf einem passenden schlichten, rechteckigen Teller mit runden Schwüngen auf den Tisch. Mir hat das gut gefallen, denn so kann man auch schön die einzelnen Bestandteile eines Gerichts auch einzeln kosten. Die Risotto Krapfen kamen sehr heiß bei uns an, waren sehr knusprig in Öl ausgebacken. Der Risotto war fein mit Kräutern gewürzt, die natürlich die Brücke zum Salat bildeten. Der war außergewöhnlich. Eine "wilde" Kräutermiscung, sogar Blüten waren dabei, angerichtet mit einer fein-herben Apfelvinaigrette. Die war aber dezent genug, um den besonderen Geschmack der Wildkräuter zu stützen. Mir hat das sehr gut geschmeckt. Ich gebe aber zu, dass vielleicht nicht jede/r diesen Salat mag, denn das eine oder andere Kräutlein hatte auch kräftige Bitternoten. Ich mag das gern - und vor allem ist das auch noch gesund. Meine Empfehlung: unbedingt probieren.

Wildkräutersalat mit Risotto-Krapfen und Apfelvinaigrette


:: Schaumsuppe von der Brunnenkresse mit Brot-Chip
Optisch war diese Suppe knallig. Beinahe Neon-Grün kam sie daher. Also ganz vier Kresse drin, denn die lieferte die Farbe. Geschmacklich war das Süppchen fein, schöner Kressegeschmack, aber nicht dominant. Gut gewürzt und abgeschmeckt mit fein geschnitten Kräutern oben auf. Und sie war cremig, nicht schaumig. Das war auch lecker, aber machte sie als Zwischengang ein klein wenig "mächtig". Da würde ich mir beim nächsten Mal etwas weniger Sahne und dafür einen Mehreinsatz des Pürierstabs wünschen. Dann könnte diese Suppe perfekt sein.

Schaumsuppe von der Brunnenkresse mit Brot-Chip


:: Seelachs im Kartoffelmantel auf Lauchgemüse mit Safranschaum
Optisch eine raffinierte Komposition. Eine knusprig-braune Roulade aus Kartoffel und Fisch auf einem gelb-grünen Lauchbett, umrahmt von einem zarten Schaum. Geschmacklich trug dieser Gang einige Überraschungen in sich. Den Fisch in ganz feine Kartoffelzesten einzupacken, war auch geschmacklich eine gute Idee. Das brachte auch ein Überraschungsmoment in das Mundgefühl. Knusprige Kruste trifft auf milden, saftigen Fisch. Das Lauchgemüse lieferte eine knackige Frische und leichte Säure, der feine Safranschaum brachte eine dritte Geswchmackskomponente, allerdings sehr dezent.
Das Gericht fand ich sehr gelungen, ich hätte aber hier einen Fisch aus der Region bevorzugt. Hecht zum Beispiel, der könnte noch besser da hinein passen. Und meine Kartoffelkruste hatte einen Hauch zuviel Salz, aber das kann auch daran liegen, dass ich selbst beim kochen mit Salz äußerst sparsam bin.

Seelachs im Kartoffelmantel auf Lauchgemüse mit Safranschaum


:: Basilikum-Limonen-Sorbet

Das Sorbet war als Erfrischung vor dem absoluten Hauptgang ein Knaller. Die Kugel kam mit einer frisch-hellgrünen Farbe daher, umspielt von ein paar gehackten Pistazien. Die Konsistenz des Sorbets war perfekt, cremig, dahin schmelzend auf dem Punkt. Basilikum und Limone fanden sich einem ausgewogenem, sehr feinen Zusammenspiel geschmacklich vereint wieder.
Basilikum-Limonen-Sorbet


:: Glasierte Perlhuhnbrust auf Pfifferlings-Risotto mit Thymian-Honig-Jus
Das Perlhuhnbrüstchen thronte auf dem Risotto und wurde selbst von einem Thymian-Rosmarinzweig gekrönt. Das spielte also auch optisch schon auf die Zutaten im Jus an. Das Fleisch war perfekt, gemau auf dem Punkt. Zart, saftig, der Eigengeschmack war da. Und die Haut war schön knusprig. Dafür hatten die Märchenköche Wilfried und Lukas Siebert Honig zu Hilfe genommen, der sorgte nicht nur für eine feine Kruste, er gab dem Fleisch auch noch einen kleinen Aromakick mit auf den Weg. Das Risotto war schön "schlotzig", also fein, cremig, sahnig und der Reis innen noch mit etwas Biss. Es war mit Kräutern fein abgeschmeckt. Eine runde Sache, allerdings gingen die Pfifferlinge geschmacklich dabei ein wenig unter. Ich kann mir gut vorstellen, die Pfifferlinge beim nächsten Mal nicht im Risotto zu haben. Statt dessen würde ich sie mir lieber extra wünschen, leicht in der Pfanne mit etwas Butter angeschwenkt. Sie würden dann auch selbst optisch aufgewertet und damit auch den ganzen Teller für's Auge interessanter machen.

Glasierte Perlhuhnbrust auf Pfifferlings-Risotto mit Thymian-Honig-Jus


:: Waldmeistermousse mit grünem Apfelgelee auf Holunderspiegel
Optisch war das Dessert ganz sicher das Krönchen des Menüs. Geschmacklich kam damit noch mal eine Steigerung. Genau der "Kick", den ein Dessert bringen muss, wenn es nach einem gelungenem Menü am Ende bestehen soll. Eine leichte Mousse mit einem feinen Waldmeistergeschmack, mit dem das Dessert raffiniert wieder an den ersten Gang und den Wildkräutersalat anknüpfte. Das Ganze in ein Netz aus weißer Schokolade gefüllt, auf einem feinen Apfelgelee, der wiederum auf einem dezenten Holunderspiegel lag. Als "Träger" fand sich dann ganz unten drunter ein feines Bisquit. Da kann ich nur empfehlen: vorsichtig mit dem Löffelchen ein Stück so abstechen, dass alle Zutaten drauf sind. Und dann ab in den Mund und langsam auf der Zunge zergehen lassen! Für's Auge witzig fand ich die Wackelpudding "Steine" und die Mangokleckschen. Geschmacklich waren sie aber nicht nötig.

Waldmeistermousse mit grünem Apfelgelee auf Holunderspiegel


:: Fazit
Ein gelungenes Menü, mit sehr vielen regionalen und märchenhaften Bezügen. Die Kombination mit italienischem Risotto passt da vielleicht nicht ganz, andererseits war gerade das im Zusammenwirken für mich besonders gelungen. Und ich liebe Risotto, ganz besonders natürlich, wenn der so lecker zubereitet ist. Nur beim Fischgang würde ich mir tatsächlich einen einheimischen Vertreter wünschen. Vielleicht passt auch Zander oder Forelle gut in so ein knuspriges Kartoffelkrüstchen.
Die Tischdekoration passte sehr gut zum Märchenthema und das wiederum wurde frisch und fröhlich präsentiert. Die Idee, die Gäste da auch ein wenig einzubeziehen, war für mich sehr pfiffig umgesetzt und hat Spaß gemacht.
Meine Empfehlung an die geneigten Leser: das schöne Spätsommerwetter nutzen, raus fahren zum Edersee und dieses Menü auf der Terrasse mit einem tollen Ausblick genießen.

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