6. Olio Capitale Trieste

Freitag, 2., bis Montag, 5. März 2012

Die besten Olivenöle? Die waren während der Olio Capitale in Triest, Italien, "versammelt". 
Blick in die Messehallen
Und ich konnte dort sein, auf der weltweit einzigartigen Fachmesse für extra natives Olivenöl. Sehen, entdecken, probieren. Eine solche Vielfalt an Olivenölen hatte ich noch nie erlebt. Als ich am Freitag Mittag ankam, beschlichen mich doch ein paar Zweifel. Wie würde das gehen? Bei den vielen geplanten Besuchen von Herstellern musste ich ja auch viele verschiedene Öle probieren. Konnte ich das wirklich? Doch, konnte ich. Ganz toll war nämlich der erste Termin. Mitten in der Hauptmessehalle gab es die Oil Bar. Dort erklärten uns Profi Olivenölverkoster, wie man am besten Olivenöl verkostet. Und das war kein Theoriekurs. Wir haben eine Reihe wunderbarer Öle getestet. Dunkelblaue Becher (damit es eine Blindverkostung ist), etwas Öl hinein, dass man dann in der Handfläche auf Körpertemperatur anwärmt. Erst dann entwickelt jedes gute Öl seinen eigenen, speziellen Duft. Und dann kann man es wunderbar in kleinen Schlucken probieren. Vor dem nächsten Öl spült man mit stillem Wasser nach und ist ein kleines Stückchen frischen, säuerlichen Apfel. So konnte ich problemlos auch 20 Öle hintereinander testen.

Die Olio Capitale ist eine stark wachsende Fachmesse, dort werden die besten italienischen und internationalen Olivenöle präsentiert.
Während der Messetage kann man auch an der Olio Capitale-Kochschule teilnehmen. Das habe ich aber leider nicht gemacht, denn zum einen war mein Programm mit Besuchen von Herstellern randvoll, zum anderen war die Akustik in der Halle mit der Kochschule eine echte Katastrophe.
Mutig setzen die Veranstalter ausschließlich auf extra natives Olivenöl. Andere Lebensmittel werden nicht berücksichtigt. Damit grenzt sich die Messe gegen alle anderen Olivenölmessen klar ab. Ich fand das sehr gut, denn so war das einzige Kriterium für die Öle die Qualität, sonst nichts. Das Konzept scheint aufzugehen, dieses Jahr waren über 200 Produzenten dort.
Die Aussteller kamen aus allen Olivenöl produzierenden Regionen, von großen Produzenten bis zu kleinen Nischenanbietern. Vertreten waren die Regionen Abruzzen, Basilikata, Kalabrien, Kampanien, Emilia Romagna, Friaul Julisch Venetien, Latium, Ligurien, Lombardei, Marken, Molise, Apulien, Sardinien, Sizilien, Toskana, Trentino-Südtirol, Umbrien und Veneto. Neben den italienischen Spitzenolivenölen gab es auch einige Hersteller aus den benachbarten Ländern Slowenien und Kroatien.
Höhepunkt der drei Messetage ist natürlich der in seiner Art in Italien einzigartige Olio Capitale-Wettbewerb. Nach einer Vorauswahl von verschiedenen Ölsorten durch ein Experten-Panel werden die Öle von drei verschiedenen Jurys beurteilt: eine Profi-Verkosterjury, eine Jury professioneller Ölkonsumenten, z.B. Köche und Gastronomen, und eine Verbraucherjury. So wollen die Veranstalter einen Querschnitt des Olivenölmarkts mit seinen differenzierten Produkten und den unterschiedlichen Geschmacksvorlieben dieser drei Verbrauchergruppen darstellen. Alle drei Jury-Urteile bestimmten am Ende die Sieger in den drei Wettbewerbskategorien "fruchtig leicht", "mittel" und "kräftig". Damit werden gleichzeitig auch die typischen extra nativen Qualitätsolivenöle aus dem Mittelmeerraum zur Geltung gebracht.
Ich habe mich 2,5 Tage durch die Olivenöl-Vielfalt probiert. Es gab mehr wunderbare Öle, als ich am Ende beschreiben kann! Da war ein ganz besonders mildes, schon fast säureloses, aber trotzdem sehr aromatisches Öl. Hergestellt von einem alten Ehepaar aus Palermo. Ihr bestes Öl entsteht, indem sie vor der mechanischen Kaltpressung die Kerne entfernen. So ist das Olivenöl sogar für Säuglinge oder Herzkranke geeignet. Und sie stellen Antipasti her, wie das wohl nur noch die typische italienische Nonna kann. Überrascht war ich dann an den Ständen von Apulien. BIsher hatte ich immer nur gehört, das man dort Masse statt Klasse herstellt. In der Region Apulien werden immerhin weit über 40% der gesamten Olivenöle Italiens hergestellt. Ich hatte Gelegenheit, mit Vetretern aus Andria Öl zu kosten. Die haben auf noch auf der Messe eine Genossenschaft gegündet, die künftig noch stärker auf Qualität bei der Ölproduktion achten wird, die aber auch dafür sorgen soll, dass man problemlos unterschiedliche Produkte von verschiedenen Herstellern en bloc bestellen kann. Eine gute Idee, sind es doch fast alles kleine Ölmühlen, die allein kaum eine Chance auf dem internationalen Markt hätten. Und zwar, weil sie eben Klasse statt Masse produzieren.
Auch die Öle aus Kalabrien haben mich begeistert, eine große Vielfalt. Und was vor allem in den Provinzen Kampanien, Molise, Apulien, Kalabrien und Sizilien auffiel: hier findet man eine ganze Menge uralter Olivenbaumarten, die nur noch dort wachsen. Eigentlich so etwas wie autochthone Olivensorten. Sie lassen sich auch nicht in anderen Regionen anpflanzen. So lernte ich viele Hersteller kennen, deren Bäume oft 1.000 Jahre alt sind, weit verstreut auf riesigen Ländereien vereinzelt wachsen. Riesige, knorrige alte Bäume. Jeder wird einzeln von Hand abgeerntet und danach werden die Oliven sofort in der eigenen Mühle verarbeitet. So entstehen Olivenöle mit Charakter, einzig, nicht artig. Manche sind so stark und so kräftig im Geschmack, dass man beim probieren kurz die Stimme "verliert".
Bioöle gab es in großer Zahl, aber nur einen alten Herrn, der ausschließlich native Oliven-Öle anbot, die Demeter zertifiziert waren. Großartige Olivenöle. Ich überlegte noch, ob ich die nicht in unser Sortiment nehmen sollte. Seinen Namen muss ich dennoch nicht verraten. Samstag Nachmittag wurde er während der Messe von einem Fernsehteam, wie viele andere auch, interviewt. Kurz danach trafen wir ihn wieder, er strahlte und konnte sein Glück nicht fassen. Innerhalb einer halben Stunde nach der Aussendung des Fernsehberichts hatte er seine gesamte Jahresproduktion verkauft. Diese Olivenöl wird wohl auch nächstes Jahr nur schwer zu bekommen sein - zu Recht, denn ob mit oder ohne Zertifikat, diese Bio-Öle waren topp.

Und dann fand ich am Stand von Maurizio Marino aus Ferla auf Sizilien (http://www.aziendamarino.it/) ein ganz besonderes Bio- Olivenöl. Fruchtig, intensiv, mit einem Duft, der das Wasser im Mund zusammen laufen lies. Und auch der Geschmack war so. Am Ende aber, beim Schlucken, blieb dieses wunderbare Öl einfach nur fruchtig, leicht mit nur ganz hinten spürbaren "Kratzern". Die jungen Leute stellen auch schöne Antipasti her, die Früchte und Gemüse stammen von ihrem eigenem Land und sie benutzen ausschließlich ihr eigenes Öl dazu. Außerdem kann man bei ihnen selbst geerntete Wildkräuter erwerben. Der Geruch des wilden Fenchels kommt mir beim Gedanken daran immer noch in die Nase. So intensiv und aromatisch habe ich ihn vorher nicht erlebt. Und dann noch die Überraschung überhaupt: Trüffelpralinen mit einer Olivenölcreme gefüllt. In Handarbeit zusammen mit einer kleinen Pasticceria hergestellt. Ich war skeptisch, aber habe probiert. Diese Trüffelchen sind einfach eine Klasse für sich. So lecker, so einzigartig. Die passen auch wunderbar zu einem guten Rotwein. Wir werden sie in unser Sortiment aufnehmen, so bald als möglich. Das Olivenöl aber auch. Denn ich lag richtig mit meiner Einschätzung. Kaum nach Hause zurück, erfuhr ich, dass genau diese wunderbare Bio-Olivenöl in der Kategorie "fruchtig-leicht" die Goldmedaille der Olio Capitale gewonnen hat.

Fazit: diese Reise hat sich allein schon wegen der unglaublichen Vielfalt bei den Olivenölen gelohnt. Aber auch wenn ich nur am späten Abend und früh am Morgen etwas von der Stadt sah: auch die Stadt Triest ist eine Reise wert. Wunderschöne Hafenstadt, irgendwie sieht es aus, wie Wien an der Adria. Und da muss man hin, im Dunkeln auf die Piazza dell' Unità. Komisch, dachte ich. Aber schau es dir an. Und dann bog ich am Samstag Abend auf dem Weg zum Essen auf den Platz ein. Eine unglaubliche Schönheit, wunderschöne alte Gebäude, alle sehr schön beleuchtet. Interesante Beleuchtung auch überall im Boden des riesigen freien Platzes. Und aucb der anderen Seite das Wasser des Hafens, in dem sich diese vielen Lichter spiegeln. Dazu ein Summen, ein Murmeln, Lachen, Bewegung. Ich denke, die gesamte Triester Jugend war an dem Abend auf dem Platz und in den angrenzenden Straßen. allein das ist schon einen Besuch wert. Die Bilder erzählen den Rest, hoffe ich.
Piazza dell'Unita

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